Wer zahlt eigentlich für Stuttgart 21?

Spannend wie ein Krimi: Ein gut recherchierter Film erläutert sehr anschaulich, wer eigentlich bei Stuttgart 21 die Zeche bezahlt, wer profitiert und wie im verfilzten Baden-Württemberg geradezu italienische Verhältnisse herrschen. Jetzt wundert es nicht mehr, warum auf der Frankenbahn nur Schrottzüge fahren und die bisherige Landesregierung aus CDU und FDP Regionalverkehre partout nicht ausschreiben wollte…

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Bundesgerichtshof untersagt Direktvergaben im SPNV

Der Bundesgerichtshof hat am 8. Februar 2011 in einem in der Branche viel beachteten Urteil festgestellt, dass Aufträge im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ausgeschrieben werden müssen und Direktvergaben nur noch in einem sehr eng begrenzten Rahmen möglich sind, in erster Linie, um den Übergang zu Wettbewerbsverfahren zu erleichtern. Die Presse begrüßt weitgehend die rechtliche Klarstellung. Auch die Heilbronner Stimme hat das Thema aufgegriffen und fragt, ob die geplante Direktvergabe für die Frankenbahn weiter möglich ist.
Erhellender bzw. erschreckender Weise stellt sich das Verkehrsministerium Baden-Württemberg erneut auf den bekannten Standpunkt, dass solche Urteile eines höchsten deutschen Gerichts keinen Einfluss auf die Pläne zur einseitigen Begünstigung der Deutschen Bahn (DB) mit langfristigen Verkehrsaufträgen in Millionenhöhe haben. Noch besser: Der Sprecher von Verkehrsministerin Tanja Gönner erdreistet sich nicht, in der Heilbronner Stimme zu behaupten: „Höhere Preise entstünden durch diese Vergabeform nicht.“ Das wäre also genauso, wenn eine Kommune sämtliche Bauaufträge immer direkt an das einzige Unternehmen im Ort vergeben würde mit der Begründung, dieses Unternehmen sei grundsätzlich das günstigere…
Passenderweise berichtet die Stuttgarter Zeitung am 12. Februar 2011 über Korruption in Behörden Baden-Württembergs, die eine aktuelle Studie an den Tag bringt. Unter anderem heißt es darin: Das Ergebnis ist ernüchternd. In Baden-Württemberg liegt die Kriminalitätsbelastung von Behörden sogar über dem Bundesdurchschnitt. Der dadurch entstandene finanzielle Schaden ist mit 430.000 Euro je betroffener Verwaltung in zwei Jahren mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Dazu kommt, dass die Behörden im Südwesten das Problem kaum als solches anerkennen und entsprechend wenig für Prävention und Kontrolle tun.
Sehr erhellend ist auch ein weiterer Beitrag in der Stuttgarter Zeitung, der beschreibt, dass die Verträge mit der DB in Baden-Württemberg so miserabel sind, dass die DB am Ende immer der lachende Gewinner ist.

Vorgänge um Direktvergabe weiterhin dubios

Die Heilbronner Stimme hat das Thema der umstrittenen Direktvergabe der lukrativen Verkehre auf der Frankenbahn erneut aufgegriffen. Wieder eiert ein Sprecher des Stuttgarter Verkehrsministeriums, dieses Mal Karl Franz, herum und stellt falsche Behauptungen in den Raum, um die dubiosen Vorgänge zu verschleiern. So heißt es: „Laut Franz ist die Entscheidung im Wesentlichen „durch den hohen Leistungsumfang, den hohen Investitionsbedarf“ und den Schwierigkeiten bei der Organisation des Gesamtverkehrs bestimmt. Das gewählte Verfahren habe zudem den Vorteil, dass für den Abschnitt Würzburg-Heilbronn-Stuttgart deutlich früher als geplant besseres Wagenmaterial zum Einsatz kommt. Karl Franz betont, dass die Direktvergabe keine Beschränkung auf ein bestimmtes Unternehmen darstellt. Bislang lägen noch keine Angebote vor. Aus einem Schreiben von Ministerialdirektor Bernhard Bauer an den Heilbronner Abgeordneten Thomas Strobl geht allerdings hervor, dass die DB Regio ein Lastenheft erhalten hat und aufgefordert wurde, ein Angebot abzugeben. Andere Unternehmen hätten kein Interesse bekundet.“
Wer nicht gefragt wird oder gar die faire Chance erhält, an einem transparenten Vergabeverfahren teilzunehmen, der kann naturgemäß auch kein Interesse bekunden. Vielleicht sollten das Verkehrsministerium oder die Presse einfach einmal große Verkehrsunternehmen zum Thema befragen?

Kein Geld für ÖPNV: Wer regiert dieses Land?

ARD-Magazin KONTRASTE

ARD-Magazin KONTRASTE

Das fragt man sich ernsthaft, wenn man sich das Gesetz zum Konjunkturpaket II betrachtet und wie das ARD-Magazin KONTRASTE feststellt: Den Kommunen soll es laut Gesetz ausdrücklich VERBOTEN sein, Mittel daraus für den ÖPNV zu verwenden! Wir müssen also weiterhin mit rumpelnden Straßenbahnen, bröckelnden U-Bahnhöfen, heruntergefahrenen Gleisen oder verkommenen Bahnhöfen leben.

Der TV-Beitrag aus KONTRASTE kann für begrenzte Zeit in der ARD-Mediathek angeschaut werden.

Den Bericht in Text-Form sowie Kommentare im Blog auf der Seite von KONTRASTE beim RBB findet sich hier.

Auch der VCD und weitere Verbände haben bereits mit Pressemitteilungen auf diesen Skandal reagiert.

Ich habe die verantwortlichen Bundespolitiker aus der Region Heilbronn um eine Stellungnahme gebeten, ob sie diesen Passus für sinnvoll halten, dem Gesetz in dieser Form zustimmen werden und was sie persönlich für eine zukunftsfähige Mobilität in der Region tun. Die Antworten finden sich in den Kommentaren zu diesem Eintrag.