Direktvergabe: Neue Vernebelungstaktik aus Stuttgart

„Frankenbahn wird schneller“ titelt die Heilbronner Stimme am 10. September 2010, gefolgt von einem abstrusen Text: „Meldungen, dass die Leistungen auf der Frankenbahn über das Jahr 2016 hinaus nicht im Wettbewerb vergeben werden sollen, sind nicht richtig.“ Dies schrieb Ministerialdirektor Bernhard Bauer vom baden-württembergischen Verkehrsministerium dem Heilbronner Bundestagsabgeordneten Thomas Strobl (CDU). Alle Leistungen auf der Frankenbahn würden gemäß den Vorgaben des europäischen Vergaberechts vergeben. Weiter heißt es in dem dreiseitigen Brief: Die schnellen Regionalexpressverbindungen auf der Eisenbahnstrecke zwischen Würzburg und Stuttgart sollen als Teil der zukünftig durchgehenden Verbindung Würzburg – Stuttgart Hauptbahnhof – Stuttgart-Flughafen – Ulm – Friedrichshafen verkehren.

Nicht nur dem Laien stellen sich gleich mehrere Fragen:
1. Wieso wird deshalb die Frankenbahn schneller?
2. Wird die Frankenbahn nun im Wettbewerb vergeben oder nicht? Entweder gibt es Wettbewerb, das heißt es findet eine europaweite Ausschreibung statt, oder es findet eine Direktvergabe statt, die das Land Baden-Württemberg bereits im EU-Amtsblatt angekündigt hatte:
„Die Vertragsverhandlungen mit der DB Regio AG zur Entzerrung der Ausschreibungen von Schienenpersonennahverkehrsleistungen in Baden-Württemberg wurden mit folgendem Ergebnis abgeschlossen: (…) Herauslösen folgender baden-württembergischer Leistungen aus dem Verkehrsvertrag, um diese anschließend im Wege einer Direktvergabe vergeben zu können: (…) RE Stuttgart – Heilbronn – Landesgrenze (– Würzburg),“
Auch das Land Bayern hat die Direktvergabe auf seinem Streckenabschnitt bei der EU angemeldet.
(Weitere Infos im Drehscheibe-Forum.)

Wieso belügt also der Herr Ministerialdirektor sowohl den CDU-Generalsekretär Thomas Strobl als auch die Bürgerinnen und Bürger im Land bzw. versucht deren Unkenntnis zum realen Hintergrund auszunutzen und wieder einmal Nebelkerzen zu zünden? Was sollen diese Verschleierungstaktiken? Hat man da im Ministerium wohl ein schlechtes Gewissen, weil man Steuergelder ganz bewusst veruntreut? Oder werden die Leute im Verkehrsministerium von der Deutschen Bahn gesteuert? Bei den aktuellen Verquickungen und gezielten Manipulationen im Rahmen von Stuttgart 21 ist dies ja nicht mehr auszuschließen.

Die Verknüpfung der Züge der Frankenbahn Würzburg-Herilbronn-Stuttgart mit den zweistündlichen IRE Stuttgart-Ulm-Bodensee (moderne Doppelstockzüge) ist übrigens eine Idee/Forderung des VCD und könnte SOFORT umgesetzt werden, egal ob es in Stuttgart einen Tunnelbahnhof geben wird oder nicht.

Nach Wochen hat auch CDU-Fraktionschef Peter Hauk bzw. sein parlamentarischer Berater auf die Fragen zum Thema „Direktvergabe Frankenbahn“ mit einem dreiseitigen, ausschweifenden und ziemlich inhaltslosen Brief geantwortet und eigentlich keine einzige Frage wirklich beantwortet. Brief Hauk CDU zur Direktvergabe Frankenbahn

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Direktvergabe Frankenbahn – Politik schweigt

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen Stuttgart 21 berichtet die Heilbronner Stimme auch über die fragwürdige erneute Direktvergabe von Verkehrsleistungen auf der Frankenbahn an die Deutsche Bahn: Nicht nur Stuttgart 21 lässt den Blutdruck der Bahnkritiker in der Region steigen: Das Land plant offenbar, den Betrieb der Zugstrecke Stuttgart – Heilbronn – Würzburg nicht öffentlich auszuschreiben, sondern direkt an die Deutsche Bahn zu vergeben. Anders als beim umstrittenen Bauprojekt verlaufen die Fronten nicht entlang der Sollbruchstellen: Bei diesem Thema bekommt der Verkehrsclub Deutschland (VCD) Unterstützung von der Heilbronner FDP, die sich eindeutig gegen solche Direktvergaben im Nahverkehr stellt. (…) Pro Bahn hält dieses Vorgehen angesichts der langen Vertragsdauer aber für „problematisch“. Michael Schwager vom VCD befürchtet sogar, dass es auf der Frankenbahn so „auf Jahre hinaus kaum Verbesserungen geben werde“. Michael Link von der FDP fordert, dass alle Strecken öffentlich ausgeschrieben werden, „damit auch private Anbieter eine Chance haben“. Landrat Detlef Piepenburg wollte sich nicht äußern, weil das Land zuständig sei.
Im Kommentar schreibt Manfred Stockburger: „Klar, das Thema ist komplex. Aber ist das ein Grund, die Frage nicht zu diskutieren? Wenn es gute Gründe für eine Direktvergabe gibt, dann müssen die Bürger diese erfahren. (…) Wer Misstrauen sät, braucht sich nicht wundern, wenn die Bürge auf die Straße gehen.“

In diesem Zusammenhang ist auch ein Artikel im SPIEGEL vom Wochenende interessant, der bundesweit für Aufsehen gesorgt hat und nochmals die illegalen Subventionen des Landes an die DB zum Thema hat: „Baden-Württemberg vergab fragwürdigen Millionenauftrag“

Auch Johannes Müllerschön, für DIE LINKE im Kreistag, hat entsprechende Anfragen zum Zusammenhang zwischen Stuttgart 21 und den Verkehrsverträgen an Landrat Detlef Piepenburg, Heilbronns OB Helmut Himmelsbach sowie Thomas Strobl, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Regionalverband, gestellt und wartet wie viele Mitstreiter auf plausible Antworten…

Nach Wochen hat auch CDU-Fraktionschef Peter Hauk bzw. sein parlamentarischer Berater auf die Fragen zum Thema „Direktvergabe Frankenbahn“ mit einem dreiseitigen, ausschweifenden und ziemlich inhaltslosen Brief geantwortet und eigentlich keine einzige Frage wirklich beantwortet. Brief Hauk CDU zur Direktvergabe Frankenbahn

Weitere Artikel zu den Demos gegen Stuttgart 21 aus der Region Heilbronn:
Befürworter und Gegner von Stuttgart 21 aus der Region zum Bahnprojekt
Stuttgart21-Gegendemonstranten berichten

CDU-Fraktionschef Peter Hauk will mehr Stadtbahn

„Nach dem Aufbau Ost fordert Hauk den Ausbau Südwest“ schreibt die Heilbronner Stimme:
Auf dem CDU-Kreisparteitag in Bad Rappenau mahnt Peter Hauk beim Bund eine gerechte Verteilung der Investitionsmittel an. Der neue CDU-Fraktionschef plädiert mittelfristig für eine Stadtbahn im Jagsttal. Dringend ist nach Hauks Auffassung auch der Ausbau des Personennahverkehrs außerhalb der Ballungsräume. Ausdrücklich nennt er hier die Region Heilbronn, wo in den vergangenen Jahren zu wenig geschehen sei. Und ausdrücklich spricht er sich mittelfristig für eine Verlängerung der Stadtbahn Nord von Bad Friedrichshall nach Möckmühl und Osterburken aus − ganz im Gegensatz zum Landratsamt. Warum, verdeutlicht der Politiker aus dem Neckar-Odenwald-Kreis auf Nachfrage: „Das macht Sinn, weil man in Osterburken einen Knoten hat.“

In einem Kommentar in der Heilbronner Stimme kritisiert Peter Boxheimer die zögerliche Haltung im Kreis Heilbronn, wo sich seit 2005 in Sachen Stadtbahn nicht mehr viel getan habe. Dass es anders gehe, sehe man im Kraichgau: „Dort hat die S-Bahn Rhein-Neckar die Heilbronner Stadtbahn Nord, die eigentlich zeitgleich realisiert werden sollte, um mindestens drei Jahre abgehängt. Warum wohl?“ Boxheimer betont die Vorteile der Stadtbahn auch auf der Strecke nach Osterburken: „Hier kann eine Stadtbahn mit einer umsteigefreien Verbindung ins Heilbronner Zentrum unschlagbare Dienste leisten.“ Stadt und Kreis sollten über Hauks Vorschlag nachdenken.