Verkehrsclub kritisiert mangelnde Unterstützung des Landes beim Bahnverkehr zwischen Stuttgart und Würzburg. Erkenntnisse aus früheren Gutachten werden nicht umgesetzt.
Als Ablenkungsmanöver bewertet der Umwelt- und Verbraucherverband Verkehrsclub Deutschland (VCD) die ständigen Bekenntnisse der Landesregierung zur Frankenbahn. Erst jüngst hatte der im Innenministerium zuständige Staatsekretär Rudolf Köberle wieder einmal verkündet, es sei ein Anliegen des Landes, die Verkehrsverhältnisse zwischen Heilbronn und Würzburg so schnell wie möglich zu verbessern.
Statt wie seit Jahren versprochen endlich den Stundentakt nach Würzburg einzurichten, habe die Landesregierung die Fahrpläne der Frankenbahn in den Jahren 2005 und 2007 systematisch ausgedünnt und das von ihr verantwortete Angebot im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) massiv verschlechtert, stellt der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb fest.
„Nach einem klaren Bekenntnis zur Frankenbahn sieht dies nicht aus.“ In der Tat: Dass sich beim Thema überhaupt etwas bewegt, ist in erster Linie dem Engagement der Region Heilbronn-Franken und den in der „Initiative Frankenbahn“ aktiven Bürgern zu verdanken.
Landkreise bezahlen Gutachten
Inzwischen finanzieren Landkreise und IHK – entgegen ihrer politischen Aufgabe – sogar Gutachten- und Planungskosten. Der VCD weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass schon 1994 und 1999 im Auftrag des Landes Baden-Württemberg Gutachten mit Verbesserungsvorschlägen für die Frankenbahn erstellt wurden. „Bis heute hat die Landesregierung diese Erkenntnisse nicht umgesetzt.“
Die Gutachten hatten bereits vor rund zehn Jahren ergeben, dass das Problem auf der Frankenbahn nicht der teuer zu behebende, rund vier Kilometer lange eingleisige Streckenabschnitt sei. Eine deutliche Fahrzeitverkürzung könnte bereits durch einfache Ausbaumaßnahmen erfolgen. Unter anderem war im Rahmen des 3-Löwen-Taktes der Einsatz von elektrischen Neigezügen zur Fahrzeitverkürzung vorgesehen.
Der VCD fordert deshalb die rasche Umsetzung der Ausbauten zur Fahrzeitverkürzung sowie einen verbindlichen Zeitplan zur Einführung des Stundentaktes Stuttgart – Heilbronn –Würzburg deutlich vor 2016. Der VCD ist sicher: Durch eine Neuverhandlung des bestehenden Verkehrsvertrages mit der Deutschen Bahn (DB) oder der raschen Einleitung von Ausschreibungsverfahren könnten die notwenigen finanziellen Mittel beschafft werden. „Jahrelange teure Gutachteritis bringt der verkehrlich vernachlässigten Region gar nichts, wenn sich das Land schlicht aus der Verantwortung stiehlt“, stellt Lieb fest.
Besserer Bahnverkehr in Bayern
Während die Landesregierung den bisher fehlenden Stundentakt mit Geldmangel aufgrund der vom Bund gekürzten SPNV-Mittel begründet, zeigt das Nachbarland Bayern, dass trotzdem durch Wettbewerb auf der Schiene und Ausschreibungen mit weniger Geld sogar mehr Züge bestellt werden können. „In Baden-Württemberg verhindert jedoch der monopolartige Verkehrsvertrag des Landes mit der DB AG, der noch bis 2016 laufen soll, jedwede Weiterentwicklung im SPNV“, sagt Lieb.
Auf dem bayerischen Teil der Strecke von Lauda bis Würzburg bemüht sich die verantwortliche Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) bereits um Verbesserungen und den Einsatz moderner Züge. In Bayern hat man in jüngster Zeit sehr gute Erfahrungen mit Wettbewerb und Ausschreibungen gemacht. Die Kosten im SPNV sind dadurch teils rapide gesunken.
Auf manchen Strecken in Bayern fährt auch die DB heute mit neusten Zügen und zu wesentlich geringeren Kosten als noch vor wenigen Jahren. Für BEG-Sprecher Nils Frase ist klar: „Die Vergabe von SPNV-Leistungen im europaweiten Wettbewerb ist ein sehr geeignetes Instrument zur Effizienz- und Qualitätssteigerung.“ Und das nütze eben auch dem Kunden. „Die im Zuge des Wettbewerbs erzielten Einsparungen werden in Bayern nämlich gezielt in ein besseres Angebot investiert.“
Autor: Michael Schwager, SCRITTI.Kommunikation
Hintergrund: Verkehr auf der Frankenbahn
Seit Jahren verkünden Stuttgarter Minister Verbesserungen auf der Frankenbahn und die Einführung des Stundentaktes Heilbronn – Würzburg. Dazu müsste das Land lediglich dieses Verkehrsangebot bestellen. Stattdessen wird immer wieder auf die mangelhafte Infrastruktur verwiesen. Verschiedene Gutachten haben jedoch in der Vergangenheit ergeben, dass schon mit überschaubaren Investitionen von rund 10 Millionen Euro Fahrzeitverkürzungen von 11 Minuten möglich sind, ohne dass deshalb der kurze Abschnitt Züttlingen – Möckmühl zweigleisig ausgebaut werden muss. Weitere Fahrzeitverkürzungen würden wenig Sinn machen, da die Züge schon heute in den Integralen Taktfahrplan eingebunden sind mit Fernverkehrs-Anschlüssen in Stuttgart zur Minute (:00) und in Würzburg zur Minute (:30).
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