Frankenbahn-Chaos: DB Regio weiß offenbar nicht, wie Türen oder Kupplungen funktionieren

Mit dem Beginn der Übergangsverträge im SPNV in Baden-Württemberg zum 1. Oktober 2016 sollte eigentlich alles besser werden: Das Unternehmen DB Regio, das alle diesbezüglichen Ausschreibungen gewonnen hatte, sagte vor allem modernere Züge und einen besseren Service zu. Stattdessen müssen Fahrgäste aber seit Wochen eine massive Verschlechterung bei der Betriebsqualität im Regionalverkehr erleben, insbesondere auch auf der Frankenbahn von Stuttgart über Heilbronn nach Würzburg. Verspätungen, zu wenig Wagen und ganze Zugausfälle sind die Regel. Das Land sieht vor allem auf der Remsbahn und der Frankenbahn akuten Handlungsbedarf. Das Landesverkehrsministerium und die verantwortliche DB Regio haben sich nun auf einen Maßnahmenkatalog zur raschen Qualitätsverbesserung geeinigt. Wie das Verkehrsministerium und die Deutsche Bahn am Mittwoch in Stuttgart in einer Pressemitteilung mitteilten, wird die DB Regio AG kurzfristig zusätzliche Zugbegleiter und Triebfahrzeugführer als flexible „Springer“ einsetzen, um im Falle von Türstörungen den Technikausfall kompensieren zu können. Zudem sicherte die DB bei dem Treffen am Dienstag zu, das Zugbildungskonzept so zu ändern, dass es zu weniger störungsanfälligen Kuppelvorgänge kommt.
Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) Baden-Württemberg begrüßt in einer Pressemitteilung die Maßnahmen und das konsequente Handeln des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg. „Ein zuverlässiger und pünktlicher Regionalverkehr sollte eigentlich selbstverständlich sein und nicht erst unter Androhung von finanziellen Vertragsstrafen und „Nachsitzen“ bei den Verantwortlichen der Deutschen Bahn (DB) AG eingefordert werden müssen“, sagt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb. Auch wenn objektiv betrachtet, Anlaufschwierigkeiten beim Wechsel des Vertrages und des Einsatzes anderer Zugeinheiten nicht auszuschließen seien, sei damit das derzeitige Ausmaß an Verspätungen und Zugausfällen im Regionalverkehr auf den Strecken rund um Stuttgart nicht plausibel zu erklären, so Lieb. Schließlich habe ja der Betreiber nicht gewechselt, sondern sei vorher und nachher auf allen Strecken unverändert DB Regio. „Gerade im Ballungsraum Stuttgart mit der hohen Luftbelastung insbesondere durch den Individualverkehr, wo aufgrund des aktuellen Feinstaubalarms zum Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel aufgerufen wird, ist eine solche Negativ-Entwicklung im Schienennahverkehr ein absolutes Fiasko“, erklärt Matthias Lieb.
Verkehrsminister Winfried Hermann, MdL sagte zum anhaltenden Bahnchaos: „Wir erwarten von der DB, dass sie die Leistungen vollständig erbringt, die wir als Land bestellen und bezahlen.“ Zu diesem Zweck werden Land und DB Regio neben den täglichen Telefonkonferenzen mit der NVBW das gemeinsame Qualitätsmonitoring im wöchentlichen Rhythmus fortsetzen bis die Schwierigkeiten abgestellt sind. Im Rahmen des Gesprächs sagte die DB Regio darüber hinaus zu, auf die Stammkunden der am stärksten betroffenen Relationen mit dem Angebot einer unbürokratischen Kompensation zuzugehen. David Weltzien, Vorsitzender der Regionalleitung Baden-Württemberg der DB Regio AG, entschuldigte sich bei den betroffenen Fahrgästen und sagte zu, schnelle Lösungen und Verbesserungen zu erreichen, die sich kurzfristig auch auszahlen werden.
Die Hauptursachen für Verspätungen, Minderkapazitäten und Zugausfälle in den vergangenen drei Wochen lagen laut Deutsche Bahn in den Bereichen Fahrzeugtechnik und krankheitsbedingte Personalengpässe. So bereiten insbesondere die erst zum 1. Oktober 2016 aus anderen Teilen Deutschlands eingetroffenen neuen Zugkonfigurationen unerwartete Schwierigkeiten beim Kuppeln und beim Türschließmechanismus. Trotz umfangreicher Schulungen der Mitarbeiter fehlte es infolge der kurzfristigen Bereitstellung der Fahrzeuge, die bis zum 30. September in anderen Netzen im Regelbetrieb gebunden waren, an praktischen Erfahrungen mit den jeweiligen Zugkompositionen sowie einem einheitlichen Standard bezüglich ihres technischen Zustands. (mgr)

Werbung

Abellio und Go-Ahead sollen Frankenbahn betreiben

FLIRT der Süwex in Mannheim Hbf

Moderne FLIRT-Triebwagen von Stadler wie sie die DB-Tochter Süwex einsetzt, sollen unter der Regie von Go-Ahead auf der Frankenbahn verkehren ©wikipedia

Die SPNV-Zukunft auf der Frankenbahn ist entschieden. Wie das Landesministerium für Verkehr und Infrastruktur (MVI) heute bekannt gab, werden die Strecken Stuttgart – Heilbronn – Mannheim / Osterburken (Netz 1 a) und Stuttgart – Heilbronn – Würzburg (Netz 1 c) ab Juni 2019 betrieben von Abellio Rail Südwest und dem britischen Bahnbetreiber Go Ahead. Die zur niederländischen Abellio-Gruppe gehörende Abellio Rail Südwest GmbH soll den Zuschlag für das Los 1a, das britische Unternehmen Go-Ahead soll den Zuschlag für die Lose 1b und 1c bekommen. Laut MVI-Pressemitteilung zahlt das Land in Zukunft nur noch halb so viel für den Zugkilometer im Vergleich zu heute mit rund 11,69 Euro. Verkehrsminister Winfried Hermann: „Damit erreichen wir eine deutliche Senkung der Kosten, die es uns ermöglicht, trotz des knappen Budgets die Leistungen und das Angebot für die Fahrgäste spürbar auszuweiten, zum Beispiel mit Stunden- und Halbstundentakten je nach Auslastung der Strecke. Neben zahlreichen weiteren Verbesserungen kommen in allen drei Losen des Stuttgarter Netzes barrierefreie und voll klimatisierte Neufahrzeuge zum Einsatz, die über ausreichende Fahrradmitnahmekapazitäten sowie über kostenloses WLAN verfügen.“ Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) begrüßt die bei der aktuellen Vergabe des Stuttgarter Netzes durch das Verkehrsministerium erzielten deutlichen Einsparungen um rund 50 Prozent pro Zugkilometer gegenüber den heutigen Preisen. Damit bestätige sich erneut der vom Verkehrsclub ermittelte Betrag an zu viel bezahlten Geldern durch den Großen Verkehrsvertrag an die Deutsche Bahn (DB) AG in Höhe von einer Milliarde Euro. Die mit der Vergabe erreichten finanziellen Einsparungen eröffneten aus Sicht des VCD neuen Spielraum, um das Angebot im Schienenverkehr deutlich aufzustocken – eine unerlässliche Maßnahme angesichts der derzeitigen Debatte um die zu hohen Feinstaubbelastungen in und um Stuttgart. (mgr)

Steckbrief SPNV-Netz 1a (Neckartal), künftig Abellio, Fahrzeuge: TALENT 2 von Bombardier
• Stuttgart – Mühlacker – Bruchsal / Pforzheim
• Stuttgart – Heilbronn – Mannheim / Osterburken
• Stuttgart – Plochingen – Tübingen

Go-Ahead FLIRT im Landesdesign

Go-Ahead FLIRT im Landesdesign

Steckbrief SPNV-Netz 1b (Rems – Fils), künftig Go-Ahead, Fahrzeuge: FLIRT von Stadler
• Stuttgart – Aalen – Crailsheim
• Stuttgart – Geislingen (Steige) – Ulm

Steckbrief SPNV-Netz 1c (Franken – Enz), künftig Go-Ahead, Fahrzeuge: FLIRT von Stadler
• Stuttgart – Aalen
• Stuttgart – Karlsruhe
• Stuttgart – Heilbronn – Lauda – Würzburg (Frankenbahn)

Verbesserungen auf der Frankenbahn in Sicht

2025-SPNV-Zielkonzept

2025 BaWü-SPNV-Zielkonzept

Das Landesverkehrs-ministerium will den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs in Baden-Württemberg weiter voranbringen und hat daher in den vergangenen Monaten wichtige Ausschreibungs-verfahren auf den Weg gebracht. Bereits im Juli 2014 startete die Ausschreibung der sogenannten Stuttgarter Netze, zu denen auch die Strecken der Frankenbahn bis Würzburg und die Linien von Stuttgart über Heilbronn nach Mannheim gehören. Die ab Dezember 2018 neu zu vergebenden SPNV-Leistungen umfassen die Strecken von Tübingen über Stuttgart nach Heilbronn und weiter nach Mannheim bis Heidelberg, sowie von Stuttgart nach Vaihingen, Mühlacker, Pforzheim, Bretten und Bruchsal (Los 1a: Neckartal: 6,8 Millionen Zugkilometer), die Strecken von Stuttgart aus nach Aalen und weiter bis Crailsheim sowie nach Ulm (Los 1b: Rems-Fils: 3,8 Millionen Zugkilometer) sowie die Strecken mit Expresszügen von Stuttgart nach Würzburg über Heilbronn, nach Karlsrühe über Pforzheim und nach Aalen (Los 1c: Franken-Enz: 4,3 Millionen Zugkilometer). Das Besondere: Es wird auf jeden Fall Konkurrenz geben, da kein Bieter alle drei Netze allein betreiben darf. Für die neu zu beschaffenden Fahrzeuge bietet das Land Garantien, damit auch private und kleinere Anbieter Chancen im Wettbewerb haben. Die Ausschreibung beinhaltet auch eine erste Umsetzungsstufe für den Metropolexpress, der im Bereich der S-Bahn Stuttgart mit wenigen Halten verkehrt und die an die Region Stuttgart angrenzenden Landkreise schnell mit Stuttgart verbindet.
Details dazu gibt es in einer ausführlichen Pressemitteilung sowie in entsprechenden Präsentationen zum landesweiten SPNV-Zielkonzept 2025.
Kürzlich wurden nun auch die Übergangsverträge für die Stuttgarter Netze ausgeschrieben. „Die Vergabeunterlagen wurden an die Bieter versandt, die sich im vorgeschalteten Teilnahmewettbewerb für das Verhandlungsverfahren qualifiziert haben“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann. Zwar seien für die Übergangszeit von zwei bis vier Jahren Gebrauchtfahrzeuge vorgesehen. Im Interesse der Fahrgäste sollten in den Verhandlungen Verbesserungen der Standards erreicht werden.
Eine umfangreiche Übersicht zu den Netzen und den Ausschreibungen bietet das Landesverkehrsministerium auf einer eigenen Webseite zum Thema.

Ab 2016 Verbesserungen in Nordwürttemberg

Westfrankenbahn bei Weinsberg

Westfrankenbahn bei Weinsberg

Wie die Südwestpress berichtet, soll mit der bevorstehenden Ausschreibung der heutigen Verkehrsleistungen der DB-Tochter Westfrankenbahn durch das Land Baden-Württemberg ab 2016 der Stundentakt zwischen Heilbronn und Schwäbisch Hall-Hessental kommen. Ab Dezember 2016 sollen die Züge auch auf der Tauberbahn zwischen Crailsheim und Wertheim jede Stunde fahren, am Wochenende bis Bad Mergentheim alle zwei Stunden.